"Wat is dat denn für 'ne Kacke?", fragte mein Vater in seiner höchst emotionalen Art, als er eine Karte von mir erhielt, mit einem Foto zweier Ringe und einem Kassenbon: Ehe D, 36 €. Wir verschickten an einige diese Karte, niemand verstand, was damit gemeint war. Vielleicht lag es auch am Datum, das auf der Vorderseite nahezu den gesamten Platz einnahm - der 11. September.
Ich heiße Ewa mit w. Das war mein Standardspruch meine gesamte Kindheit und sämtliche Bundesländer hindurch. Ich konnte noch so oft Ewa mit einem weichen w aussprechen oder es mit einem weichen, geschwungenen w schreiben. Ich wurde konsequent hart und unerbittlich mit Eva angesprochen. Nur ein einziges Mal hörte ich eine passende Antwort: Ich heiße Robert mit b.
Stuttgart war ein hartes Pflaster. Eine lange Nacht lag hinter mir, ich kam aus einem Club, stieg in mein Auto und fuhr nach Hause, ins ebenso wenig beschauliche Heilbronn. Mir folgte ein Auto mit 4 Männern, sie überholten mich und bremsten abrupt, sodass ich auffuhr. Sie drehten sich um und grinsten mich an. Ich gab Vollgas, die Kühlerhaube qualmte, ich schaffte es noch auf die Autobahn. Mein Auto kam kurz vor dem riesigen Feuerball zum Stehen. Ein neuer Tag brach an. Die 4 Männer stiegen aus, schlugen mir einen Deal vor, jetzt und hier, mit ihnen allen Sex auf der qualmenden Kühlerhaube und sie würden mich gehen lassen. Es wäre auch nur noch gehen möglich gewesen, mein Auto war bereits tot. Ich verriegelte das Auto und wartete - auf Erlösung, auf ein Erwachen, auf nichts. Wenig später näherte sich ein Krankenwagen. Sie sagten, ich hätte Glück gehabt. Vor Gericht kam heraus, dass die 4 Männer alles geplant hatten. Sie hatten mich schon im Club im Visier. Bei der Verhandlung ging es ausschließlich um den Totalschaden meines Autos, weniger um die sexuelle Nötigung. Sieht so Glück aus, wenn man überlebt, aber weder gesehen noch gehalten wird?
Fühlen Sie sich in diesen Tagen herbstbeginnzermürbt? Davor sicherlich frühjahrsmüde und sommerhitzegegerbt? Sind Sie gerade unglücklich verliebt? Fühlen Sie sich zu wenig? Haben Sie keine Lust auf zu viel Ja und Amen? Hätten Sie gerne einen neuen Haarschnitt? Möchten Sie spontan einen Baum umarmen? Haben Sie den Deckel auf Ihrem Mixer vergessen?
Schnappen Sie sich jetzt sofort ein spielfreudiges Kind und spielen Sie mit ihm das Quick-Stop Buchstaben-Duell-Kartenspiel. Wenn auf die Themenkategorie "Was bei einer Hochzeit nicht fehlen darf" das Wort Ameise vom Kind genannt wird, wenn bei der Frage nach dem "Lieblingsessen" wiederholt die Antwort Ameise fällt, hören Sie auf, sich zu wundern, lachen Sie einfach, stecken Sie das Kind mit Ihrem Lachen an und lassen sich die Antworten erklären. Ich warne Sie schon einmal vor, beim Buchstaben K wird immer wieder Kacke kommen, also können Sie sich sicherlich denken, was bei P kommt. Teilweise werden Sie auch überrascht sein, welche Wörter Ihnen um die Ohren gefegt werden. Fragen Sie aber nicht zu oft nach dem Kontext, lassen Sie das Kind nicht immer ausreden, sonst könnten Sie sich verlieren - im Strudel der perfiden Schummelablenkungsmanöver. Bleiben Sie konzentriert, bleiben Sie im Hier und Jetzt.
Das Schicksal von Laura Dahlmeier hat mich sehr bewegt. Einst eine erfolgreiche und gefeierte Biathletin, beendete sie ihre Karriere und bestieg fortan die geliebten Berge. Am 28. Juli wurde sie beim Abstieg vom Laila Peak im pakistanischen Hushe-Tal von einem schweren Gesteinsbrocken getroffen. Ihre Seilpartnerin Marina Krauss setzte sofort einen Notruf ab, doch aufgrund der Wetterlage konnte ein Rettungshubschrauber die Unfallstelle erst am folgenden Tag erreichen. Aus der Ferne wurden keine Lebenszeichen mehr festgestellt. Bisher konnte der Leichnam nicht geborgen werden – wie einige zuvor wird sie wohl am Berg verbleiben. Laura Dahlmeier hatte zu Lebzeiten schriftlich verfügt, dass sich niemand in Gefahr bringen solle, um sie zu retten oder zu bergen. Es war ihr Wunsch, in diesem Fall am Berg zurückgelassen zu werden.
Was für eine Größe und Demut – vor dem Tod und der Natur. Sie stellte ihr eigenes Leben nicht über das der anderen. Ich bewundere dies zutiefst. Extremsportler wissen um das Risiko, sie suchen die Extreme, nehmen den Tod in Kauf. Sie folgen dem Ruf ihrer Seele, ohne Wenn und Aber – auch ohne Rücksicht auf ihre Familien. Die Partner wissen, worauf sie sich einlassen. Bei jeder Expedition müssen sie damit rechnen, dass der geliebte Mensch nicht zurückkehrt. Ein Abhalten oder Hindern hätte nichts mit Liebe zu tun.
In den Nachrichten sah man das internationale Rettungsteam um die zutiefst erschütterte Seilpartnerin Krauss und den erfahrenen Bergsteiger Thomas Huber, der die Aktion koordiniert. Die Gesichter still, die Körper in Mission. Ich wünsche allen, die Laura Dahlmeier nahe standen, Kraft und Frieden. Der Berg umarmt nun eine besondere junge Seele und nimmt sie zurück in den Schoß der Natur.
Ich bin unschuldig. Ich schlief auf der Couch ein, mein Arm lag auf der Fernbedienung. Eins kam zum anderen. Darauf muss man erst einmal kommen: C'est la wie, c'est la wann, c'est la wo?
Eins muss man aber festhalten: Diese angeknipsten Piloten ohne Flugzeug drehten an einem schönen Ort. Ich hocke hier im verregneten Berlin.
Ich nehme dich wahr. Ich sehe dich. Fühle. Du siehst mich, wie ich dich ansehe. Das ist ein Unterschied. Du suchst Bestätigung. Ich suche nichts. Ich gehe weiter, immer weiter. Du schreibst deine Wahrheit. Ich bin meine Wahrheit. Das kann man bewundern oder fürchten. Kopieren lässt es sich nicht.
Die Schwüle hängt zwischen uns. Luft wie Blei, wie Dunst, wie Schuld, die keiner tragen will. Die Tische kleben. Es wird geplaudert, gelacht, gelebt. Dann fällt es. Das Wort, das brennt - Corona.
Man verklärt. Romantisiert. Zu Inseln der Glückseligkeit. Ich sah das Leid. Hörte es. Fühlte. Ich nannte es beim Namen. Die Einsamen. Die Isolierten. Angst. Lüge. Manipulation. Unaufhörliche Kontrolle.
Am Tisch sitzt ein Mensch, der dasselbe denkt. Ich weiß es. Er weiß es. Doch er schweigt. Seine Worte – ungelitten. Seine Wahrheit – eingesperrt. Im Wörterbuch findet sich ein passendes Wort feige.
Ich saß oft an solchen Tischen. Mit Unrecht. Mit Gewalt. Mit Lügen. Alle schwiegen. Das Warum ist egal. Es gibt nur eine Bewegung, die ins Freie führt
Kindermund, Wein und Hitze In der Glut ist kein Platz für Lärm Der Körper wird durchlässig Der Verstand weich Die Wahrheit flirrt am Boden Schweiß auf der Stirn Klarheit im Blick Ein neuer Tag beginnt
Wenn in der 6. Klasse die 5 Merkmale des Lebens abgefragt werden, sollten folgende Begriffe benannt werden: Bewegung, Stoffwechsel, Reizbarkeit, Wachstum, Fortpflanzung.
Das ist mir zu sachlich, zu schematisch, zu wenig dem Wunder des Lebens huldigend. Es fehlt die autopoietische Kraft - das innere Feuer, das sich selbst nährt und in jedem Atemzug bereit ist, sich neu zu denken.
Es war ihr Geburtstag. Sie lag in ihrem Bett, das Kopfteil war hochgestellt, sie hustete – das Atmen fiel ihr schwer. 22 Jahre alt, man würde sich einen besseren, feierlicheren Ort, ein besseres, feierlicheres Gefühl wünschen. Ohne Feng Shui zu kennen lag sie immerhin genau richtig, mit den Füßen Richtung Fenster, aus dem sie gerade hinausblickte. Viele Jahre später würde sie sich nicht mehr an ihr Innerstes erinnern, sie wusste aber noch genau, was damals im Außen geschah.
Es klingelte mehrmals. Sie hörte Stimmen im Flur. Ihr Vater trat in ihr Zimmer und sagte, dass Besuch für sie da sei – ein junger Mann. Nein, bitte nicht, ich bin krank, ich sehe aus wie ausgekotzt, bitte nicht. Ihr Vater ging zurück in den Flur. Es wurde laut und plötzlich wurde die Tür zu ihrem Zimmer aufgerissen und der junge Mann stürmte herein. Sie konnte ihn erst nicht richtig erkennen, sein großer Blumenstrauß mit 22 Baccara-Rosen verdeckte alles. Blass, übermüdet, mit Koks und Alkohol im Blut gratulierte er ihr stürmisch zum Geburtstag. Vielleicht spielte sich das nur in ihrem Kopf ab, aber sie glaubte gesagt zu haben, dass es ihr nicht gut gehe, sie krank sei, sie wolle niemanden sehen. Ach, egal, ich möchte dir nur kurz die Rosen überreichen. Alles Gute zu deinem Geburtstag. Er küsste sie. Dann ging er wieder. Sie fragte sich, ob sie noch die Zeit gehabt hatte, ihre Perücke aufzuziehen, hatte sie überhaupt die Zähne geputzt, was hatte sie an? So, wie er drauf war, hatte er hoffentlich nichts wahrgenommen.
Ihr Vater kam wieder ins Zimmer. Warum hast du ihn denn reingelassen? Ich wollte niemanden sehen. Er ließ sich nicht aufhalten, er wollte unbedingt zu dir. Sie bestaunte die Baccara-Rosen und schaute aus dem Fenster.
„Das Gartentier des Jahres 2025 steht fest. Der Gartenschläfer hat die diesjährige Wahl haushoch gewonnen und ist Gartentier des Jahres 2025! […] Die Wahl soll Aufmerksamkeit für den Artenreichtum in unseren Gärten schaffen und für ihre tierischen Bewohner sensibilisieren.
Mit seiner markanten dunklen Gesichtszeichnung, die wie eine kleine Maske wirkt, ist der Gartenschläfer (Eliomys quercinus) ein echter Hingucker unter den heimischen Wildtieren. Der kleine Nager ist vor allem in der Dämmerung und nachts aktiv, klettert geschickt durch Bäume und Sträucher und ist ebenso flink am Boden unterwegs. Als Allesfresser macht er sich über Insekten, Schnecken, Beeren und Samen her – und leistet damit einen wichtigen Beitrag zum natürlichen Gleichgewicht im Garten. Leider wird sein Lebensraum durch aufgeräumte Gärten und Flächenversiegelung immer kleiner. Inzwischen gilt der kleine Zorro auf der Roten Liste der Säugetiere Deutschlands als „stark gefährdet“.
Er braucht Ihre Hilfe: Wer einen Garten besitzt, kann dem stark gefährdeten Gartenschläfer konkret helfen: Als typische Rückzugsorte dienen ihm alte Bäume mit Höhlen, dickes Totholz und dichte Gebüsche. Auch Strukturen wie Steinhaufen, Laub- oder Reisighaufen sowie Nistkästen werden von ihm gern als Unterschlupf angenommen. Vermeiden Sie unbedingt den Einsatz von Pestiziden und vor allem Rattengift – Gartenschläfer fressen Würmer und Nagetiere und vergiften sich dadurch leicht.Machen Sie mit und verwandeln Sie schon mit wenigen Maßnahmen Ihren Garten zu einem wertvollen Rückzugsort für den Gartenschläfer – und zugleich in einen lebendigeren Ort für viele andere Tiere.“ (Zitatquelle: https://www.sielmann-stiftung.de/gartentierwahl)
Frage mich beim Lesen, ob es jemals eine Zeit geben wird, in der der Mensch zum Erdentier des Jahres gewählt werden wird.
Wie kann man einem alten Menschen die Ängste nehmen? Wie kann man ihm klarmachen, dass er nicht unselbständig ist? Wie kann man ihn abhalten, sich selbst zu hassen? Wie kann man ihm die Buntheit des Lebens fühlen lassen? Wie kann man ihm Vergebung vermitteln? Wie kann man ihm eine Rückschau ohne Schuld-und-Sühne-Konzept ins Herz legen? Wie kann man ihm die Schmerzhaftigkeit der vertauschten Rollen klarmachen? Wie kann man gleichzeitig lachen und weinen? Wie kann man emotional begreifen, dass die Nabelschnur schon lange gekappt ist?
Abriss. Es entstehen große Schutthaufen. Ich mag diese rebellische, melancholische Ästhetik. Das Schöne im Schlechten, im Grauen, im Bösen entdecken. Im Film Gundermann verströmt das Lausitzer Braunkohlerevier einen solchen poetischen Sog, dass man sich dieser klaren Schönheit kaum entziehen kann. Danach verstand ich den Wunsch vieler Kinder, Baggerfahrer werden zu wollen.